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1. April 2022 // #
Zuletzt geändert am 28. März 2022

Social Media für Läufer: Fluch oder Segen?

Social Media für Läufer: Fluch oder Segen?

Follower hast du früher abgehängt.

Heute sammelst du davon so viele wie möglich.

Doch wie wirkt sich Social Media auf die Mentalität von Läufern aus?

Werfen wir doch mal einen kritischen Blick auf die zwei Seiten der Social-Media-Medaille.

Virtueller Leistungsdruck

Wer nach dem Klingeln des Weckers auch wirklich sein Bett verlässt, ist heutzutage ziemlich oldschool.

Denn nach dem Wachwerden greifen die meisten Menschen zunächst zum Handy.

Nicht, um das aktuelle Weltgeschehen zu verfolge.

Es muss natürlich erstmal gecheckt werden, was sich in der Nacht in den digitalen Netzwerken alles getan hat.

In Deutschland war Twitter nie so beliebt wie in den USA.

Daran hat auch die vierjährige Präsidentschaft von Twitter-König Donald Trump kaum etwas geändert.

Doch diejenigen von uns, die auf dem Mikroblogging-Dienst aktiv sind, informieren ihre Gefolgschaft am frühen Morgen zunächst einmal über den bevorstehenden Tagesablauf.

„Zu kalt. Zu grau. Aber #Laufen werde ich heute trotzdem. #ButFirstCoffee“.

Auf den ersten Blick erscheint dieser Tweet belanglos.

Bloß ein weiterer Versuch, seiner Gefolgschaft möglichst viele Likes, ReTweets oder Kommentare abzuluchsen.

Betrachtet man diese Kurznachricht jedoch vollkommen wertfrei, haben die 72 Zeichen eine tiefgründige Wirkung.

Denn unabhängig davon, wie viele Follower man auf Social-Media-Plattformen sein Eigen nennen kann, schürt man mit der Veröffentlichung des Tweets eine gewisse Erwartungshaltung bei seiner Gefolgschaft.

Indem man es an die große Glocke hängt, trotz der widrigen Wetterverhältnisse laufen zu gehen, verlangt der digitale Fanclub dann aber auch einen proof of done – einen Nachweis über die erbrachte Leistung.

Wer seinen absolvierten Lauf nicht innerhalb des Vormittags teilt, verliert an virtueller Glaubwürdigkeit.

Laufen, Posieren, Posten

Es klingt tatsächlich hart, aber so funktionieren soziale Gefolgschaften nunmal.

In keiner Weise ist das aber negativ zu betrachten.

Im Gegenteil.

Der Leistungsdruck, den man sich mit derart Statements aufbürdet, kann im Endeffekt auch motivieren die Laufschuhe bereits am frühen Morgen dann aber auch wirklich zu schnüren.

Schließlich will man von seinen Followern ja nicht als Schaumschläger tituliert werden.

Eine ganz andere Gattung sind die Instagram-Läufer.

Statt sich selbst mit einer öffentlichen Kundgebung unter Druck zu setzen, jagt diese Art von Sportlern dem bestmöglichen Motiv für die beliebteste Foto-Sharing-Plattform hinterher.

Atemberaubende Aussichten von den Gipfeln der höchsten Berge sind dabei ebenso instagrammable wie eine blutrote Morgendämmerung oder eine Foto-Shooting bei Dunkelheit mit sternenklarer Nacht.

Unwichtig für den Erfolg der veröffentlichten Bilder sind leistungsdefinierende Parameter wie Distanz oder Pace.

Einzig die Qualität des Fotos und der Bewunderungsfaktor entscheiden darüber, wie viele Likes ein Beitrag erhält.

Dabei gilt: Je mehr, desto besser.

Das Problem: Leute beginnen, sich von den Gefällt-mir-Angaben blenden zu lassen.

Likes, Kommentare und geteilte Inhalte bilden ein neues Wirtschaftssystem – die Metriken haben sich rasant zu einer digitalen Währung entwickelt.

Dabei unterliegt dieses Wirtschaftssystem jedoch der Volatilität und der Launen der Social-Media-Plattform-Betreiber.

Was an einem Tag für hunderte von Likes gesorgt hat, kann durch die Anpassung eines Algorithmus am nächsten Tag nur noch für eine Handvoll Gefällt-mir-Angaben sorgen.

Darüber hinaus wird die Beliebtheit einer Plattform durch die Masse bestimmt.

Und der Pöbel ist wankelmütig.

Sobald ein neues soziales Netzwerk die Bühne betritt, gleicht das in der Regel einer Völkerwanderung.

Gestern war es Facebook, heute ist es Instagram, morgen ist es TikTok.

Leider verdecken dichte Wolken die Gipfel rund um den Großglockner – sonst wäre das Laufbild ein echter Erfolg auf Instagram.

Es lebe der Domino-Effekt

Ich möchte an dieser Stelle keineswegs falsch verstanden werden.

Social Media ist Teil unseres digitalen Lebens – ob man will oder nicht.

Aber diejenigen, die sich für die Nutzung einer Plattform entscheiden, tun dies aus freien Stücken.

Wenn jemand also früh morgens die Laufschuhe schnürt, um sich pünktlich zum Sonnenaufgang ablichten zu lassen, dann ist das nicht nur sein gutes Recht.

Es fördert offensichtlich auch die Motivation laufen zu gehen.

Hier kommt dann wieder die digitale Währung ins Spiel.

Je mehr Leute meine Beiträge liken, desto eher bin ich gewillt, weiterhin qualitativ hochwertige Inhalte zu veröffentlichen.

Der Wunsch nach virtueller Zustimmung und Anerkennung treibt mich also an, mehr Sport zu treiben.

Und das ist gut.

Denn unabhängig von der persönlichen Motivation zählt allein die Tatsache, dass ein Mensch sich mehr bewegt.

Dabei kann gleichzeitig auch der Funke auf andere überspringen.

Wie oft habe ich mich selbst dabei erwischt, faul auf der Couch zu liegen und durch meinen Instagram-Feed zu scrollen?

Unzählige Male.

Doch im Endeffekt läuft es immer auf dasselbe hinaus.

Die Bilder inspirieren mich.

Und dann dauert es nicht lange, bis ich mich selbst auf meiner Laufstrecke befinde.

Konkurrenz motiviert

Manchen macht das Teilen von Lauferlebnissen in visualisierter Form also Freude und Freunde.

Denn nicht selten werden die sogenannten Content-Creator privat über die Social-Media-Plattform angeschrieben, ob man nicht auch mal zu zweit laufen gehen möchte.

Neue Lauffreunde finden sich aber nicht nur in allgemeinen sozialen Netzwerken.

Mittlerweile gibt es auch Nischen-Plattformen für Ausdauersportler.

Es wird natürlich auch immer die Marken-Lager geben.

Leute, die ihre Läufe ausschließlich auf den Plattformen ihrer Laufuhr-Hersteller veröffentlichen.

Doch auf einem social Network finden sich dann doch wieder alle zusammen.

Denn auf Strava werden nicht nur Läufe hochgeladen.

Auf der größten Plattform für Ausdauersportler wird eine Vielzahl von Aktivitäten veröffentlicht.

Läufe, Radfahrten, Wanderungen, Ski-Abfahrten, Stand-Up-Paddle-Touren – man teilt alles, was mit Sport zu tun hat.

Das Laufvergnügen wird dabei nicht durch die virtuellen Kudos, also Daumen-Hoch, erhöht.

Es wird auch durch die virtuelle Konkurrenz befeuert.

Denn sehe ich, dass mein Laufkumpel meine Lieblingsrunde zwei Minuten schneller gelaufen ist als ich, dann stehe ich schneller in meinen Laufschuhen als Leute ihre morgendlichen Tweets veröffentlichen.


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Robin
Laufen und Schreiben sind meine absolute Leidenschaft. Als ausgebildeter Ausdauercoach, Content-Creator und Chefredakteur helfe ich dir, deine Ziele zu erreichen. Zudem halte dich auch über die aktuellen Neuigkeiten aus der Laufszene und über das neuste Running-Equipment auf dem Laufenden. Ob schnelle 5k oder lange 100 Kilometer, ob auf der Straße, in den Bergen oder in der Wüste – ich fühle mich auf allen Strecken und in jedem Gelände wohl.

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