Blau, Pink, Schwarz oder Rot.
Die farbenfrohen Kinesio-Tapes sind aus dem therapeutischen Alltag schon längst nicht mehr wegzudenken.
Doch was bringt das sogenannte Taping?
Wie kannst du davon profitieren?
Und welche Bedeutung haben die unterschiedlichen Farben der elastischen Klebebänder?
In diesem Artikel stelle ich die Kinesio-Tapes auf den sportlichen Prüfstand.
In diesem Artikel
Die Wissenschaft der Bewegung
Die Bezeichnung Kinesiologie stammt aus dem Griechischem und bedeutet so viel wie die Wissenschaft der Bewegung.
Der Begriff wurde in Deutschland von der Deutschen Gesellschaft für Angewandte Kinesiologie eingeführt und steht seitdem für Varianten der von George Joseph Goodheart begründeten Applied Kinesiology.
Dabei geht die angewandte Kinesiologie davon aus, dass die Muskelspannung eine Rückmeldung über den funktionellen Zustand des Körpers liefert.
Anfang der 70er Jahre machte sich der japanische Chiropraktiker Kenzo Kase diese Wissenschaft zu Nutze.
Der Japaner entwickelte elastische Klebestreifen, die nicht nur Gelenke stabilisieren, sondern den gesamten Bewegungsapparat durch die Stimulation von Haut- und Muskelstrukturen positiv beeinflussen sollten.
Diese Sport-Tapes waren dabei jedoch vielmehr eine Optimierung bereits etablierter Behandlungsmethoden als eine komplette Neuerfindung.
Denn insbesondere Akrobaten und Turner nutzten klebende Bandagen, um empfindliche Gelenke zu stabilisieren.
Diese Art von Tapes sollte jedoch unmittelbar nach dem Sport entfernt werden, um Kreislaufprobleme durch den reduzierten Bluttfluss zu verhindern.
Kase war es, der elastische Klebebänder entwickelte, die über mehrere Tage auf der Haut getragen werden konnten und gleichzeitig die stabilisierenden Effekte des Tapings erhielten, ohne jedoch die Range of Motion (das Bewegungsausmaß) des Gelenks einzuschränken.
Taping unterstützt die frühfunktionelle Nachbehandlung
Konventionelle Sporttapes können präventiv eingesetzt werden, um Verletzungen vorzubeugen.
Beliebt ist das klassische Sporttaping bei Turnern oder bei Boxern.
Durch die Fixierung von anfälligen Gelenken sollen Verstauchungen vermieden oder Muskelüberdehnungen verhindert werden.
Statt Verletzungen jedoch ausschließlich präventiv vorzubeugen, werden Kinesio-Tapes auch zur Behandlung akuter Schmerzen eingesetzt.
Durch die besondere Anordnung der bunten Klebestreifen auf Muskelpartien, Gelenken und auf dem Lymph- und Nervensystem stimulieren die elastischen Tapes das Bindegewebe durch eine dauerhafte Massage der Muskulatur.
Auf diese Weise soll das schmerzreduzierende System des Körpers angeregt, Muskelfunktionen verbessert und Gelenke unterstützt werden.
Kinesio-Taping bedient sich also des körpereigenen Heilungsprozesses, um die Behandlung von Verletzungen zu beschleunigen.
Dabei spielt die Flexibilität und die reduzierte Bewegungseinschränkung vom Kinesio-Taping eine wesentliche Rolle.
Denn nach den neusten medizinischen Erkenntnissen ist nicht die Ruhigstellung von Verletzungen, sondern die frühe Mobilisierung von Gelenken und deren Binde- und Stützgewebe für den Heilungsverlauf von Vorteil.
Die Qual der Farbwahl
Ob Knie, Schulter, Oberschenkel oder Wade.
Auf Sportveranstaltung muss man nicht lange nach Athleten suchen, die bunte Pflaster auf der Haut tragen.
Genauso vielfältig wie ihre Anwendungsbereiche, sind jedoch auch die Farben, in denen die elastischen Kinesio-Tapes auf den Sportlern kleben.
Von Blau, über Rot, Grün, Schwarz und Beige bis hin zu Gelb, Pink oder Violett.
Die bunten Klebebänder sind in fast allen erdenklichen Farben erhältlich.
Doch bei der Kolorierung haben sich die Verfechter der Kinesio-Tapes in zwei Lager geschlagen.
So behauptet die eine Gruppe, die Wirkung der Tapes basiere auf der ältesten Behandlungstherapie – der Farbtherapie.
Bereits die Mayas und die Azteken wussten, dass sich Farben und Lichtverhältnisse positiv auf unser Gemüt auswirken und unser Wohlempfinden beeinflussen.
Dabei sind Farben nichts Weiteres als elektromagnetische Wellen, die in verschiedene Schwingungsbereiche eingeteilt werden können.
So bilden sehr hoch schwingende Wellen den Infrarot-Bereich als Wärme ab, wohingegen niedrig schwingende Wellen den Ultraviolettbereich, also die Kälte, darstellen.
Da dunkle Farben mehr Licht absorbieren und somit wärmend wirken, werden Muskelverspannungen mit einem dunkelfarbigen Tape behandelt.
Helle Farben hingegen reflektieren das Licht.
Sie senken die Temperatur unter dem Tape und haben somit eine kühlende Wirkung.
Für das andere Lager haben die Farben der Kinesio-Tapes keinerlei Bedeutung.
Allerdings hält sich ein Irrglaube noch hartnäckig.
Doch entgegengesetzt der Meinung, dass die Farben den Grad der Elastizität oder gar die Länge der Haltbarkeit bestimmen, spielt die Kolorierung der Kinesio-Tapes überhaupt keine Rolle.
Die Farben haben keinerlei Einfluss auf Eigenschaften wie Elastizität, Haltbarkeit, Klebekraft oder Wirkung.
Die bunten Klebebänder sollten allein nach dem eigenen Geschmack ausgewählt werden.
Der bekannteste Fürsprecher dieser Theorie ist übrigens niemand geringeres als der Erfinder der Kinesio-Tapes selbst.
Zu Beginn behandelte Kenzo Kase seine Patienten ausschließlich mit hautfarbenen Tapes.
Erst später wurden farbige Klebebänder produziert und somit auch mit der Farbtherapie in Verbindung gebracht.
Die Schmerzen einfach überkleben
Die Behandlung mit Kinesio-Tapes ist denkbar einfach.
Eine spezielle Qualifikation ist dafür nicht unbedingt erforderlich.
Denn im Internet – insbesondere auf YouTube – gibt es viele ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitungen, um sich selbst mit dem Tape zu bekleben.
So wird das Taping dann auch logischerweise zu einer kostengünstigen Therapie.
Es entstehen ausschließlich Materialkosten.
Die Tapes werden mittlerweile von den verschiedenen Anbietern in vorgeschnittenen Formen verkauft.
Du musst dir also weder um die genaue Länge noch die exakte Schnittform der Klebestreifen Gedanken machen.
Die Kinesio-Tapes werden dann lediglich auf die zu behandelnde Muskelpartie geklebt.
Dabei ist darauf zu achten, das Tape mit einer gewissen Zugkraft, beispielsweise 90 Prozent der maximalen Spannung, auf die Haut zu kleben.
Durch das Aufkleben und die damit verbundene Irritation wird der darunterliegende Schmerz zunächst überdeckt und im besten Fall nicht mehr wahrgenommen.
Gleichzeitig wird die Muskelpartie mit jeder Bewegung durch das Tape massiert.
Diese permanente Stimulation fördert die Durchblutung, wodurch die Selbstheilungsprozesse im Körper aktiviert werden.
Das Gute am Kinesio-Taping:
Mit dem falschen Auftragen der Klebestreifen auf die Haut kannst du dir nicht schaden.
Im schlimmsten Fall hat das Kinesio-Tape dann einfach keinerlei Wirkung.
Solltest du dir das Aufkleben nicht selber zutrauen, kannst du dich natürlich auch von Physio- oder Ergotherapeuten, Masseuren, Heilpraktikern oder Ärzten bekleben lassen.
Die meisten Berufsgruppen besitzen heutzutage eine zusätzliche Ausbildung, um die bunten Pflaster fachgerecht auftragen zu können.
Kinesio-Taping als Wundermittel
Die Einsatzgebiete der Kinesio-Tapes sind vielfältig.
Ob muskuläre Probleme (Verspannungen oder Verletzungen), Sehnen- oder Gelenkschmerzen oder die Korrektur von Fehlhaltungen und Haltungsschwächen.
Heutzutage werden Kinesio-Tapes bei vielen Beschwerden auf die Haut geklebt.
Besonders unter Läufern sind die bunten Pflaster sehr beliebt, denn sie lindern die Symptome typischer Laufverletzungen, wie Achillessehnenentzündungen, Läuferknie, Sprunggelenksverletzungen oder Überlastungsschäden.
Doch das Kinesio-Tape kommt nicht nur bei der Behandlung von akuten Verletzungen zum Einsatz.
Nach sportlicher Belastungen sollen die elastischen Sporttapes die Regeneration beschleunigen.
Außerdem wird die Muskelermüdung durch die aufgeklebten Tapes reduziert.
Somit wird gleichzeitig auch die Verletzungsanfälligkeit der Sportler gesenkt.
Tatsächlich behaupten manche Athleten sogar, dass die Leistung gesteigert würde, wenn man Kinesio-Tapes auf die Haut klebt.
Diesbezüglich gibt es jedoch keine wissenschaftlichen Nachweise.
Unbestätigter Hype um die bunten Klebebänder
Mit den wissenschaftlichen Nachweisen ist das ohnehin eine Sache für sich.
Wie heißt es doch so schön?
Traue keiner Studie, die du nicht selber gefälscht hast.
In der heutigen Zeit ist es sicherlich nicht mehr notwendig, Studien zu manipulieren.
Neuerdings werden unabhängige Institute damit beauftragt, die Wirkung bestimmter Behandlungsmethoden zu beglaubigen.
Aus diesem Grund finden sich auch unzählige Studien auf der Website der von Kenzo Kase gegründeten Kinesio University.
Diese Untersuchungen dürften jedoch zu Gunsten der Kinesio-Tapes voreingenommen sein.
Es existieren jedoch auch unabhängige Übersichtsarbeiten.
Diese sogenannten systematic reviews sind wissenschaftliche Arbeiten in Form von Literaturübersichten, bei denen alles verfügbare Wissen über ein bestimmtes Thema gesammelt, zusammengefasst und kritisch bewertet wird.
Und wenn du diesen Reviews Glauben schenken willst, dann sind Kinesio-Tapes aus wissenschaftlicher Sicht unwirksam.
Auf der anderen Seite muss der Erfolg einer Behandlungstherapie sicherlich nicht immer wissenschaftlich fundiert sein.
Die positiven Effekte des Stretchings und des Faszientrainings sind akademisch ebenfalls noch nicht bestätigt worden.
Und du dehnst und rollst dich ja auch regelmäßig, oder?