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4. März 2018 // #
Zuletzt geändert am 07. Juli 2021

Tel Aviv Halbmarathon 2018

Tel Aviv Halbmarathon 2018

Der Marathon in Tel Aviv - bei dem auch über 21 KM, 10 KM und 5 KM gestartet werden kann - lockt jährlich mehr als 40.000 Läufer aus aller Welt in die Metropole am Mittelmeer. Dabei stellt der Tel Aviv Marathon das größte internationale Sportereignis Israels dar.

Meine Neugierde Israel einmal hautnah zu erleben, zieht mich zum Halbmarathon nach Tel Aviv. Der Wettkampf passt perfekt in meinen Trainingsplan für #Breaking3. Darüber hinaus ist der Halbmarathon die perfekte Gelegenheit meinen aktuellen Trainingsstand zu ermitteln.

Ende Februar 2018 mache ich mich mit einer Delegation vom Run Squad CGN auf eine Reise in den nahen Osten.Danach klappts auch wieder besser mit den größeren Umfängen.

Das obligatorische Gruppenfoto beim Abholen unserer Startunterlagen haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen

Chaos pur am frühen Morgen

Es ist 4 Uhr. Der Wecker klingelt mich eiskalt aus meinem Tiefschlaf. Ich gehe nach unten, um meine Overnight Oats zu frühstücken. Das Hungergefühl um diese Uhrzeit hat sich noch lange nicht eingestellt. Aber einen Halbmarathon auf leeren Magen laufen, ist keine Option. Also rein mit den guten Kohlenhydraten.

Nach und nach klettert der Rest vom Run Squad aus den Betten. Für den Halbmarathon sind wir mit zehn Mann aus Köln nach Tel Aviv geflogen. Aufgrund des Klimas in Israel sind wir gezwungen noch vor Sonnenaufgang zu frühstücken. Der Startschuss des Halbmarathons ertönt pünktlich um 6.15 Uhr.
Wie wir später zum sechs Kilometer entfernten Start kommen, ist immernoch nicht endgültig geklärt.

Das Problem: Im jüdischen Kalender beginnt am Freitag der Sabbat. Es fahren also weder Busse noch Bahnen. Um diese Uhrzeit fahren generell keine öffentlichen Verkehrsmittel. Es bleibt also nur zu hoffen, dass wir zwei Taxen bekommen, die uns zum Start fahren.

Guter Dinge verlassen wir um 5 Uhr das Haus. Die Tage zuvor hatten wir in unmittelbarer Nähe unseres AirBnB Taxen zu Hauf gesehen. Aber ausgerechnet heute sind die Taxen entweder besetzt oder fahren uns nicht zum Startbereich des Halbmarathons. Die Fahrt sei nicht profitabel genug.

So wandern wir also 45 Minuten durch Tel Aviv, um einen fahrbaren Untersatz zu finden. Die Hoffnung, rechtzeitig zum Halbmarathon-Start um 6.15 Uhr in der ersten Welle zu stehen, haben wir bereits aufgegeben.

Gegen 5.50 Uhr erbarmt sich glücklicherweise doch noch ein Taxi-Fahrer uns zumindest in die Nähe des Startbereichs zu fahren. Nach zehn Minuten Autofahrt lässt er uns an der Ausfahrt des Highways raus. Zwei Kilometer vom Start entfernt! Uns bleibt also keine andere Wahl, die restliche Strecke als WarmUp zu nutzen.

Da es beim Tel Aviv Halbmarathon keine offizielle, kostenlose Möglichkeit gegeben hat, seinen Startbeutel abzugeben, haben wir unsere Wechselklamotten noch vor dem Start noch zum Cheering-Point des Reaction Clubs bringen müssen.

Pünktlich um 6.15 Uhr erreichen wir den Startbereich vom Tel Aviv Halbmarathon. Wir entscheiden uns dennoch dafür in der zweiten Welle zu starten. So bleibt noch genügend Zeit für die Pre-Wettkampf-Routine. Du weißt ja, was ich damit meine.

Ungewöhnlicher Stop: Unser Taxi hat uns an einer Ausfahrt mitten auf dem Ayalon Highway rausgelassen

Tel Aviv Halbmarathon 2018

Meine Race-Strategie für den Tel Aviv Halbmarathon 2018 hatte ich einen Tag vorher mit meinem Coach abgestimmt.

Die ersten zehn Kilometer sollte ich in 4:15 min/km laufen. Die restlichen elf Kilometer in 4:10 min/km. Negative Splits, die eine Zielzeit von 1:28h bedeuten.

Mit diesem ambitionierten Ziel stehe ich in zweiter Reihe des zweiten Startblocks. Um 6.30 Uhr in der Früh. In einer Stadt, wo es zu diesem Zeitpunkt bereits 16 Grad warm ist. Logisch also, dass der Halbmarathon in Tel Aviv so früh startet.

Paff!

Da ertönt auch schon das Startsignal.

Mit drei jüngeren Startern ziehe ich direkt an den langsameren Läufern der ersten Reihe vorbei. Kurzzeitig erlebe ich einen Adrenalin-Schub: Ich merke, dass ich als dritter direkt vorne weg laufe. Dieses Gefühl hält sich für knapp zehn Sekunden. Bis mir wieder einfällt, dass ich in der zweiten Welle gestartet bin und mich im hinteren Mittelfeld aller Läufer befinde.

Bereits nach fünf Kilometern muss ich kämpfen, um die Pace halten zu können. Die Sightseiing-Touren durch Tel Aviv, die Hitze, aber auch die unerwartet bergige Strecke bereiten mir an diesem Tag arge Probleme.

Ich bezweifel, dass ich meine Wettkampf-Strategie bis zum Ende durchhalten kann.

Doch je länger ich laufe, desto lockerer werden meine Beine.

Leider habe ich für den Halbmarathon in Tel Aviv auf das Tragen meines Pulsgurtes verzichtet. Eine genaue Auswertung meines Puls liegt mir also nicht vor. Durch die ganzen Anstiege bin ich mir aber ziemlich sicher, dass ich das Rennen in einem überdurchschnittlich hohen Pulsbereich laufe.

Tatsächlich läuft es nach der Halbzeit so rund, dass ich meine Pace in den verbleibenden elf Kilometern auf einen 4:05er bzw. auf einen 4:10er Schnitt erhöhen kann.

Die stetig steigenden Temperaturen verlangen mir alles ab. Das Runterzählen der verbleibenden Kilometer beginnt bereits bei Kilometer elf.

Als wären die physischen Anstrengungen nicht schon schlimm genug, bekomme ich jetzt auch noch Probleme mit meiner Psyche.

Aber im Gegensatz zu den körperlichen Anstrengungen kann man seinen Kopf austricksen.

So rede ich mir ein, dass ich nur noch bis Kilometer 20 Gas geben muss. So kurz vor dem Ziel würde mir die Cheeringzone des Reaction Clubs genügend Adrenalin für den letzten Kilometer geben.

Endlich am Cheering-Point angekommen, sauge ich die wabernden Beats aus den Boxen ein, um den Halbmarathon vernünftig zu Ende zu laufen.

Wäre ja gelacht, wenn mir die Puste auf den letzten Metern ausgehen würde!

Doch wie heißt es so schön?

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!

Knapp 600 Meter vor dem Ziel muss ich einem kurzen, steilen Anstieg über eine Autobahnbrücke fast noch Tribut zollen.

Mit einem Puls nahe der maximalen Herzfrequenz rette ich mich über die Brücke und somit auch direkt ins Ziel.

Meine Uhr stoppe ich nach exakt 1:27:58 Minuten: Neue persönliche Bestzeit!

Vollkommen erschöpft, aber überglücklich nehme ich meine Finisher-Medaille entgegen. Ich trotte zurück zum Cheering-Point, um die weiteren Teilnehmer des Halbmarathons anzufeuern.

Das Laufen von negativen Splits und gleichzeitig auch einer neuen persönlichen Bestzeit über die Halbmarathon-Distanz hat mir an diesem Tag eine gute Portion Selbstvertrauen für das Projekt #Breaking3 gegeben.

Während die 10-Kilometer-Läufer noch ins Ziel laufen musste, hatten wir Halbmarathonis unsere Arbeit schon getan. Mit 1:27h bin ich in Tel Aviv eine neue persönliche Bestzeit gelaufen

Ernüchternde Erkenntnisse

Trotz neuer persönlicher Bestzeit kann ich den Tel Aviv Halbmarathon nicht schön reden.

Angefangen von der gesamten Logistik, über die Stimmung an der Strecke bis hin zur Streckenführung an sich: Dem Halbmarathon in Tel Aviv fehlt ein attraktiver Kurs und eine stimmungsvolle Atmosphäre.

Start

Die erste Welle des Halbmarathons startet um 6.15 Uhr. Will man vor dem Start noch entsprechend frühstücken, muss man mitten in der Nacht aufstehen.

Angesichts der Tatsache, dass es zum Start des Halbmarathons bereits 16 Grad warm war, ist ein früher Start sicherlich die beste Lösung. Das milde Klima im Februar können sich die Organisatoren des Tel Aviv Halbmarathons nicht ankreiden lassen.

Wer den Halbmarathon ausreichend genährt und ambitioniert laufen möchte, sollte daher am Vorabend rechtzeitig zu Bett gehen.

Logistik

Friss oder Stirb! Anders kann ich das Motto des Veranstalters bezüglich der Anreise zum Startbereich nicht beschrieben.

Auf unserem Weg zum Start haben wir genügend Taxen gesehen, die noch Platz für ein oder zwei Läufer gehabt hätten. Aber ein Cab-Sharing schien für die Leute keine Option zu sein. Der Organisator des Tel Aviv Halbmarathons könnte eine Plattform zur Verfügung stellen, auf der sich Läufer zum Car-Sharing organisieren können.

Von anderen Wettkämpfen ist man Shuttle-Services gewohnt. Das hat in Tel Aviv gefehlt. Der öffentliche Nahverkehr fährt erst zu einem späteren Zeitpunkt regelmäßig. Somit kann diese Transportmöglichkeit nicht genutzt werden.

Eine Alternative sind Leih-Fahrräder.

Für die Leihe benötigt man eine Kreditkarte, wobei die ersten 30 Minuten der Nutzung kostenlos sind. Am Startbereich habe ich einen riesigen Bereich gesehen, in dem man die Räder abstellen konnte.

Für uns kam das Mieten von Fahrrädern allerdings nicht in Frage, da wir keine sechs Kilometer vor einem Halbmarathon mit dem Rad fahren wollten.

Du solltest dich also frühzeitig um die Anreise zum Start kümmern. Natürlich kannst du auch eine Unterkunft in unmittelbarer Nähe zum Startbereich beziehen.

Streckenführung und Atmosphäre

Wenn es um Wettkämpfe geht, laufe ich bevorzugt Rundkurse. Insbesondere, wenn der Wettkampf in fremden Städten stattfindet. So hat man die Möglichkeit noch etwas mehr von der Stadt zu sehen.

Der Halbmarathon in Tel Aviv führt erst in den Süden der Stadt, wo nach 10 Kilometern gewendet wird. Den Rückweg läuft man also Retour. Von Tel Aviv sieht man daher leider nicht viel.

Als wäre die Strecke nicht schon langweilig genug, war die Stimmung am Streckenrand quasi non-existent. Zeitweilig hatte ich das Gefühl, die Leute stünden nur an der Strecke, um sich über die Läufer zu amüsieren. Wer läuft denn auch schon freiwillig einen Halbmarathon in aller Herrgottsfrühe?

Ein großes Lob geht jedoch an die freiwilligen Helfer an den Verpflegungsstationen. Jeder einzelne Helfer hat die Läufer beim Anreichen der Wasserflaschen nochmal kräftig angefeuert!

Verpflegung

Über die Verpflegungsstationen kann man sich sicherlich nicht beschweren. Auf der Strecke gab es zahlreiche Wasserstationen, an denen 0,5 Liter Flaschen Wasser gereicht wurden.

Es hätte vielleicht ein paar halbe Bananen geben können. Ich für meinen Teil brauche auf der Halbmarathon-Distanz zwar keine feste Nahrung. Aber bestimmt gibt es Läufer, die ein paar schnelle Kohlenhydrate begrüßt hätten.

Die Verpflegung im Ziel war hingegen leider ziemlich enttäuschend.

Uns wurde lediglich eine Banane, ein Müsliriegel und eine Wasserflasche gereicht. Für ein angemessenes Refueling meiner Meinung nach etwas zu dürftig.

Die Wettkämpfe in Deutschland haben mich da aber auch ziemlich verwöhnt.

Wenn ich mir die Verpflegungsbereiche vom Marathon in Köln oder vom VIVAWEST Marathon in Gelsenkirchen anschaue, dann versteht man vielleicht, weshalb ich mich über diesen Punkt beschwere.

Für zukünftige Wettkämpfe packe ich mir nun sicherheitshalber eine Notfall-Mahlzeit in meinen Startbeutel.

Das Sabih ist ein traditioneller jüdischer Snack. Die Pita wird mit frittierter Aubergine und einem hart gekochten Ei gefüllt und durch Tahini und einem Kleks Mango-Sauce abgerundet
Shakshuka ist ein Gericht, das aus pochierten Eiern in einer Sauce aus Tomaten, Chilischoten und Zwiebeln zubereitet wird

Kann ich den Tel Aviv Halbmarathon empfehlen?

Für diejenigen, die mit den oben genannten Kritikpunkten keine Probleme haben, ist Tel Aviv definitiv ein Reiseziel, welches man ins Auge fassen sollte.

Die israelische Stadt ist faszinierend: Sonne, Strand und Meer! Was will man mehr?

Tel Aviv hat auch kulinarisch viel zu bieten. Von Falafel über Hummus und Shakshuka - Verschiedenste Einflüsse aus Nahost haben die israelische Küche geprägt. Um das Schlemmen kommt man in Tel Aviv nicht ohne Weiteres umher.

Allerdings sind die Preise in Tel Aviv gewaschen. Für eine Portion Hummus, eine große Pommes und zwei Cola haben wir 80 israelische Schekel bezahlt - das sind umgerechnet 20 Euro!

Die starke Präsenz des Militärs ist sicherlich gewöhnungsbedürftig. Wenn äußerst junge Männer und Frauen in Zivil mit einem Sturmgewehr an dir vorbeimarschieren, schaut man erstmal schräg.

Wer alleine reist, sollte in Tel Aviv keinerlei Probleme haben Anschluss zu finden. Die Einwohner sprechen mehrheitlich verständliches Englisch. Auch sind die Israelis in Tel Aviv ziemlich kommunikativ: Ein Pläuschchen mit den Locals wird immer gerne gesehen. Berührungsängste hat man in Tel Aviv nicht.

Wer allerdings den Städtetrip mit einem Wettkampf verbinden möchte, dem empfehle ich den Halbmarathon in Tel Aviv nur bedingt.

Bei der fehlenden Organisation von Shuttle-Services kann ich ein Auge zudrücken - da hat man als Läufer eine gewisse Pflicht, sich rechtzeitig um die Anreise zum Startbereich zu kümmern.

Aber die Streckenführung und die Stimmung sind für mich ausschlaggebende Gründe, warum ich einen Wettkampf in einer fremden Stadt laufe.

Das hat leider überhaupt nicht gepasst.

Daher bleibt der Halbmarathon in Tel Aviv wohl nur ein einmaliger Ausflug in den nahen Osten.


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Robin
Laufen und Schreiben sind meine absolute Leidenschaft. Als ausgebildeter Ausdauercoach, Content-Creator und Chefredakteur helfe ich dir, deine Ziele zu erreichen. Zudem halte dich auch über die aktuellen Neuigkeiten aus der Laufszene und über das neuste Running-Equipment auf dem Laufenden. Ob schnelle 5k oder lange 100 Kilometer, ob auf der Straße, in den Bergen oder in der Wüste – ich fühle mich auf allen Strecken und in jedem Gelände wohl.

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